Ohne Worte? Würde die Biografie von Marcel gar nicht funktionieren. Er kann gerade lesen, da liegt die Zeitung morgens schon neben der Kellogg‘s Schüssel. Auch wenn sein Deutschlehrer (liebe Grüße an Herrn Jacob) ihm davon abrät, Journalist zu werden, entscheidet er sich von ganzem Herzen für das geschriebene Wort. Emder Zeitung, taz, Weser Report – seine Stationen führen ihn über Ems und Weser zwischenzeitlich bis ans Goldene Horn von Istanbul. An der İstanbul Bilgi Üniversitesi sammelt er kaum Credit Points, dafür viele Eindrücke und neue Perspektiven.
Zurück im Norden landet er mitten in den Armen von Tobias. 2018 gründen sie gemeinsam in Bremen feinschreiber®. Was Marcel in die Agentur mitbringt, sind Erinnerungen. An die Menschen, die ihm begegnet sind. Ihre Gefühle und Geschichten. Denn echte Emotionen und gute Stories sind für ihn unweigerlich miteinander verbunden: Nur wer bewegt, begeistert.
Seine Schwäche? Eine feste Überzeugung: „Print will never die“. Fast aus Trotz schreibt er 2023 ein kurzes Buch (LG, Herr Jacob). Und abonniert 2025 ganz bewusst eine Wochenzeitung. Auf Papier. Natürlich.
Marcel ist Texter und Mitgründer von feinschreiber®. Wer mit ihm über Texte spricht, merkt schnell: Hier geht es um Haltung. Im Interview erklärt er, warum gutes Schreiben mehr mit Zuhören als mit Reden zu tun hat – und was Content braucht, um nicht beliebig, sondern bedeutend zu sein. Ehrlich, pointiert, ein bisschen kantig – so wie Marcel selbst.
1. Employer Branding ist da. Qualität auch? Was vermisst Du in den meisten Texten?
Klarheit. Haltung. Und Mut. Viele Arbeitgebermarken polieren auf Hochglanz-Image und vergessen das echte Leben dahinter. Aber da liegt der Schatz begraben: im Alltag, im Zwischenmenschlichen, im Ton, der ehrlich ist – und nicht strategisch. Gutes Employer Branding lebt von einer Sprache, die zeigt, wie man ist. Und nicht nur, wie man wirken will.
2. Was macht denn für Dich gutes Storytelling aus?
Wenn es mehr ist, als „nur“ eine gute Geschichte. Gelungenes Storytelling reduziert Komplexität, ohne platt zu werden. Ich will mehr Kontext statt nur Content. Es sind nicht die Buzzwords, die Identität stiften. Sondern Authentizität. Wenn Menschen sich in einer Geschichte wiederfinden und denken „Hä? Ja! Genau SO fühlt sich das an“, dann haben Texter:innen einen guten Job gemacht.
3. feinschreiber® spricht oft nicht von „Corporate Language“, sondern von „Sound“. Warum?
Es ist greifbar. Ein Wort, bei dem sofort ein Gefühl entsteht. Vor allem bei den Menschen, die nicht in unserer Bubble unterwegs sind. Und die wollen wir doch erreichen. Natürlich braucht jede Marke Konsistenz – und eine „Corporate Language“ ist ein wichtiger Teil davon. Aber ein „Sound“ ist individuell, ist nicht immer konsequent und darf auch mal stören. Er ist nicht statisch, sondern lebendig. Eben mehr als nur ein PDF.
4. Hast Du einen Rat für Unternehmen, die eine Content-Strategie umsetzen wollen?
Stellt nicht das Format in den Vordergrund, sondern den Inhalt. Die erste Entscheidung sollte nicht sein, ob man TikTok, Instagram oder LinkedIn bespielt. Das „Warum“ ist viel wichtiger. Denn ohne ein inhaltliches Fundament bleibt. Content beliebig. Deshalb fragen oft: Was soll Dein Content auslösen? Bei wem? Und warum jetzt? Erst wenn das klar ist, kann man über Kanäle und Formate sprechen.
5. Warum spielt Identität für Dich beim Schreiben so eine große Rolle?
Weil Identität die Grundvoraussetzung dafür ist, damit Content nicht nur glaubwürdig klingt, sondern es auch ist. Wer seine eigene Sprache nicht kennt, kopiert ganz automatisch die der anderen. Identität bedeutet, die eigenen Werte, Bilder und Worte zu kennen – und daraus Inhalte zu bauen, die echt sind. Das ist Arbeit. Eine spannende Arbeit, bei der man sich selbst auch nochmal neu kennenlernt. Aber das lohnt sich, weil Marken mit einer erkennbaren Identität etwas ganz Essentielles schaffen: Vertrauen.
6. Eine Frage zum Schluss: Wie sieht Dein Traum-Projekt aus?
Ich möchte nie nur einen Text abgeben, sondern Teil von etwas sein. Ein Projekt, das man von Anfang an mitdenken und gestalten kann. Am allerliebsten mit Menschen, die eine Vision haben, daran glauben. Und den Mut, dass auch so klingen zu lassen. Wenn Produkt, Botschaft, Identität und Sprache ineinandergreifen – dann wird ein Projekt nicht nur rund, sondern relevant. Und genau das macht für mich den Unterschied.
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